Die Säumnisbeschwerde an die Datenschutzbehörde
Viele, die wegen Verletzung Ihrer Persönlichkeitsrechte nach dem Datenschutzgesetz bei der Datenschutzbehörde Beschwerde gegen ein Unternehmen oder eine Organisation eingereicht haben, mussten erleben, dass die gesetzliche Frist von sechs Monaten für eine Entscheidung nicht eingehalten wird. Viele Beschwerden sind selbst nach einem Jahr noch anhängig. Während dessen dauern die angezeigten mutmaßlichen Verstöße gegen das Datenschutzgesetz (DSGVO) an.
Was können Betroffene unternehmen, um zügig zu einer Entscheidung über ihre Beschwerden nach Artikel 77 DSGVO zu kommen?
Als erstes fällt auf, dass die Webseite der Datenschutzbehörde in Österreich (dsb.gv.at) keine hilfreichen Informationen über das Verfahren zu einer Beschwerde nach Artikel 77 DSGVO anbietet. Die Angaben unter „Ihre Rechte als Betroffener” bieten zwar erste Information im Zusammenhang mit der Einbringung einer Beschwerde jedoch keine über den weiteren Verlauf und darüber, welche Rechte Betroffene auch gegenüber der Datenschutzbehörde haben.
Es wird mitgeteilt, dass die Datenschutzbehörde gesetzlich verpflichtet ist, Betroffene binnen dreier Monate nach Einbringung der Beschwerde über den Verfahrensstand zu informieren (Artikel 78 Abs. 2 DSGVO) und binnen eines halben Jahres per Bescheid eine Entscheidung zur Beschwerde mitzuteilen (§8 Abs 1 VwGVG). In gar nicht so wenigen Fällen werden beide Fristen von der Datenschutzbehörde versäumt. Was kann man dann tun, was, wenn selbst Nachfragen ergebnislos bleiben?
Die Säumnisbeschwerde
Sofern die Datenschutzbehörde die gesetzlich geregelte Frist von sechs Monaten verletzt, (§8 Abs 1 VwGVG), um eine Beschwerde mittels Bescheid zu entscheiden, gibt es das Mittel der Säumnisbeschwerde.
Das Vorverfahren bei der Datenschutzbehörde
Das Bundervewaltungsgericht (BVwG) informiert auf der eigenen Webseite:
„Entscheidet die Verwaltungsbehörde über einen Antrag nicht binnen sechs Monaten bzw. einer gesetzlich vorgesehenen kürzeren oder längeren Entscheidungsfrist nach dem Einlangen des Antrages auf Sachentscheidung, kann eine Säumnisbeschwerde erhoben werden.”
Die Säumnisbeschwerde kann nach Ablauf der gesetzlichen Entscheidungsfrist von sechs Monaten formlos eingebracht werden, mit Verweis auf die Beschwerde, für die die Entscheidung ausstehend ist und mit Angabe des Datums, wann diese der Datenschutzbehörde zugestellt wurde.
Nach Einbringung der Säumnisbeschwerde, die bei der Datenschutzbehörde eingebracht werden muss, hat die Behörde bis zu drei Monate Zeit, der Entscheidungspflicht nachzukommen und die ausstehende Entscheidung nachzuholen.vgl. ebd. Sofern diese Dreimonatsfrist wiederum überschritten wird, muss die Datenschutzbehörde den Vorgang samt Anhänge an das Bundesverwaltungsgericht weiterreichen.
Was sich aber auf der Webseite der Datenschutzbehörde nicht nachlesen lässt, ist ein Hinweis darauf, dass zusammen mit der Säumnisbeschwerde bereits der Nachweis für die Überweisung der Gerichtsgebühr erbracht werden muss - unabhängig davon, ob mit der Angelegenheit schließlich das Bundesverwaltungsgericht befasst werden wird oder nicht. Denn die säumige Behörde hat die Möglichkeit, die Sache umgehend dem Verwaltungsgericht vorzulegen oder binnen drei Monaten die ausständige Verwaltungshandlung nachzuholen. Jedenfalls muss für die Vorlage beim Verwaltungsgericht durch die Behörde der Gebührennachweis vorliegen.
Sollte die Datenschutzbehörde den ausstehenden Bescheid / Entscheid binnen der dreimonatigen Frist nachholen, wird das Säumnisbeschwerdeverfahren eingestellt. Eine automatische Rückerstattung der Gerichtsgebühr ist für diesen Fall nicht vorgesehen. Dies müsste der Beschwerdeführer laut Auskunft der Datenschutzbehörde mühsam bei der Finanzprokuratur betrieben, mit, wie es heißt, kaum einer Erfolgsaussicht.
Festzuhalten ist, dass die Datenschutzbehörde selbst die Säumnisbeschwerde weder zurückweisen noch ablehnen kann; das ist dem Bundesverwaltungsgericht vorbehalten.
Das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht
Sollte die Verzögerung, per Bescheid die Beschwerde zu entscheiden, nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Datenschutzbehörde zurückzuführen sein, wird das Bundesverwaltungsgericht die Säumnisbeschwerde abweisen.
Sofern die Datenschutzbehörde den Vorgang direkt oder nach Ablauf der Dreimonatsfrist an das Bundesverwaltungsgericht weitergereicht hat, steht es dem Bundesverwaltungsgericht frei, diesen Vorgang an die Datenschutzbehörde zurückzuverweisen und der säumigen Behörde eine Frist von bis zu acht Wochen zur Nachholung des Bescheides einzuräumen. (Siehe Judikatur)
Entscheidet die säumige Behörde nicht, hat das Verwaltungsgericht aufgrund der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erledigung letztlich in der Sache zu entscheiden und auch das an sich der Behörde zukommende Ermessen zu üben.
Nun ist es leider so, dass das Bundesverwaltungsgericht selbst wegen Überforderung häufig nicht in der Lage ist, fristgerecht (i.d.R. sechs Monate) zu entscheiden. Für diesen Fall könnte mittels eines Fristsetzungsantrags gemäß § 91 Gerichtsorganisationsgesetz (GOG) das Bundesverwaltungsgericht, wie zuvor die Datenschutzbehörde mittels Säumnisbeschwerde, angehalten werden, den Vorgang zu entscheiden, andernfalls der Verwaltungsgerichtshof damit befasst würde.
Die Gebühren
Gebühren für die Säumnisbeschwerde
Für eine Säumnisbeschwerde werden mit der Eingabe nach § 2 BuLVwG-EGebV Gerichtsgebühren in Höhe von EUR 30,— fällig. Der Betrag kann auf Verlangen der Datenschutzbehörde per Mitteilung mittels Überweisungsbeleg gemäß BuLVwGEingabengebührverordnung – BuLVwG -EGebV), BGBl. II Nr. 387/2014 binnen einer gestellten Frist nachgewiesen werden.
Gebühren für den Fristsetzungsantrag
Die Eingabengebühr für einen Fristsetzungsantrag beträgt EUR 240,—.
Rückerstattung der Gerichtsgebühren
Da die Gebührenschuld bereits unmittelbar bei Einbringung der Beschwerde entsteht und unabhängig von der Form der Erledigung bzw unabhängig vom Ausgang des Beschwerdeverfahrens besteht, gibt es keinen Anspruch auf Gebührenrückerstattung sofern der Vorgang nicht an das BVwG weitergereicht wurde. (Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes zum Thema „Keine Rückerstattung der BVwG-Pauschalgebühr“ [RV/7100745/2020])
Dr. Conrad Lienhardt
Unternehmensberater
Rechtskonforme Ausgestaltung und Optimierung von Kundenbeziehungen, Datenschutz
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Editionsgeschichte:
Eingetragen von Dr. Conrad Lienhardt am 29.10.2020 – Last touched: 4.02.2021 – Contents updated: 4.02.2021Hinweis: Ältere Beiträge werden in der Regel nicht aktualisiert, sofern es dazu keinen konkreten Anlass gibt (z.B. Aufforderung zu Richtigstellung, Ergänzung etc.). Dennoch können Beiträge ein aktuelleres Datum einer Überarbeitung zeigen. Zumeist handelt es sich dabei nicht um inhaltliche Änderungen, sondern um technisch veranlasste Änderungen, Korrekturen der Rechtschreibung, Glättung des Stils etc. Daher werden alle LeserInnen darauf hingewiesen, die Beiträge mit Blick auf das Erstellungsdatum zu lesen und ggf. zu überprüfen, ob die Inhalte noch aktuell und gültig sind. Wir können keine Haftung übernehmen, die sich aus einer Nichtbeachtung ergeben könnten.