Die Überlastung der Datenschutzbehörde in Österreich
Während der Umfang der Zuständigkeiten und damit die Aufgaben der Datenschutzbehörde in Österreich mit der DSGVO seit 25. Mai 2018 deutlich zugenommen haben und sich die Zahl der Beschwerden binnen Jahresfrist mehr als verdreifachte, kamen nur wenige Jurist*innen zum Team hinzu und auch im Sekretariat und der Kanzlei wurden die Ressourcen nur geringfügig aufgestockt. Wen wundert es, wenn die Österreichische Datenschutzbehörde völlig überlastet und somit überfordert ist. Trifft auf sie ebenfalls das zu, was Justizminister Jabloner treffend feststellte:
Die Justiz stirbt einen stillen Tod.
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Dieser „stille Tod” von dessen Sog schon lange die Österreichische Datenschutzbehörde bedroht ist, mag ursächlich verantwortlich dafür zu sein, dass die EU DSGVO und insgesamt der Datenschutz in Österreich von Unternehmen, Organisationen, Vereinen und auch Privatpersonen nicht sonderlich ernst genommen wird. Beunruhigt waren diese nur kurz, als hohe Strafen drohten. Nach der Forderung des vormaligen FPÖ Innenministers Kickl, dass nicht bestraft, sondern verwarnt werden soll und nachdem bekannt wurde, dass die Ressourcen der Behörde nicht nennenswert aufgestockt werden würden, gab es offenbar Entwarnung und die DSGVO wurde ad acta gelegt. Zwar gibt es einige Bescheide gegen einzelne Unternehmen, manchmal mit kaum nennenswerten Strafen. Alibis, um eine unzulängliche Verwaltungspraxis zu bemänteln.
Fest steht, dass die DSGVO in Österreich und der österreichischen Politik nicht gerade beliebt ist, wohl weil sie das Geschäft der jeweiligen Klientelen beeinträchtigt und die Politik deren Interessen vor die Interessen der Bürger und den Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte stellt.
Im Regierungsübereinkommen von ÖVP(Türkis) und Grünen, vorgestellt am 3. Januar 2020, wird unter Punkt Justizverwaltung, Ressourcen/ Personal die Ausstattung der Datenschutzbehörde mit ausreichenden Ressourcen
vereinbart. Über den Zeithorizont gibt das Regierungsübereinkommen jedoch ebenso wenig Auskunft, wie über die Dimensionen, beziehungsweise was die Regierungsparteien und „ausreichend” verstehen.
Das Versagen der österreichischen Datenschutzbehörde
Die Leiterin der Datenschutzbehörde Österreich zeigt in Ihrer gewählten Funktion als Leiterin des EU Datenschutzausschusses auf Ungarn und andere Staaten, wenn es um Defizite bei der Umsetzung geht, vergisst jedoch ganz darauf, dass die Umsetzung und vor allem die Durchsetzung der DSGVO in Österreich selbst sehr unzufriedenstellend verläuft. Die Behörde ist vielfach nicht in der Lage, eingegangene Beschwerden innerhalb der gesetzlichen Entscheidungsfrist von einem halben Jahr zu bearbeiten. Selbst der von der DSGVO vorgesehene Frist von drei Monate bis zu einer ersten Auskunft kommt die Behörde teilweise nicht nach. Wenn Christiane Schulzki-Haddouti in Ihrem Beitrag auf Golem darauf hinweise, dass weniger die DSGVO versagt, als vielmehr die Staaten („Nichts weniger als Staatsversagen”), so trifft das den Kern des Problems.
Ärgerlich und eigentlich untragbar ist der Umstand, dass die angeblich „unabhängige” Datenschutzbehörde nicht deutlich und effektiv auf diesen unhaltbaren Missstand aufmerksam macht, sich dabei auch nicht scheut, durch Presseerklärungen an die Öffentlichkeit zu gehen, sondern wie eine unbedeutende Abteilung in einer Linienorganisation kuscht und tut was unter den Umständen möglich ist. Es stellt sich für Österreich die Frage, ob die Datenschutzbehörde tatsächlich unabhängig ist und ob Frau Dr. Jelinek und ihr Leitungsteam die richtigen Personen sind, um die Interessen der DSGVO gegenüber der Regierung, den Ministerien und Lobbies effektiv um- und durchzusetzen.
Fehlende technologische Kompetenz
Aus einer Beschwerde von Dr. Ryan von Brave an die EU Kommission geht hervor, dass bezüglich der Ausstattung mit technischem investigativem Personal Österreich im Vergleich zu allen EU Mitgliedsländern an letzter Stelle rangiert. Die österr. Datenschutzbehörde ist die einzige, die keine einzige Planstelle dafür ausweist - selbst im Vergleich mit den Nicht-EU EEA Staaten. Die Niederlande weisen 4 solcher Planstellen aus, wie auch Schweden, Slovenien, Littauen und Tschechien. Kroatien kommt auf 5 Planstellen u.s.f. In Deutschland finden sich insgesamt 101 technische Spezialisten, verteilt auf die jeweiligen Landesämter.
Frau Dr. Jelinek hat als Leiterin der Datenschutzbehörde 2018 auf die Frage nach technischem Personal geantwortet, dass dieses nicht erforderlich sei und sofern doch, die entsprechenden Leistungen zugekauft werden könnten.
Vieles deutet darauf hin, dass eine effektive Arbeit der Datenschutzbehörde politisch nicht gewünscht ist und die offiziell „unabhängige” Datenschutzbehörde zu diesem politischen Spiel gute Miene macht.
… to be continued soon
Folgende Beiträge zum Thema finden Sie in einem weiteren Blog:
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Dr. Conrad Lienhardt
Unternehmensberater
Rechtskonforme Ausgestaltung und Optimierung von Kundenbeziehungen, Datenschutz
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